Die Limmat ist heute praktisch geschiebefrei: Sämtliches Geschiebe wie Sand und Kies, das natürlicherweise in der Limmat von Zürich her den Fluss herunterkäme, wird durch die Stauhaltung der verschiedenen Kraftwerke zurückgehalten und bleibt auch beim ewz-Kraftwerk in Wettingen liegen. Ohne Kies fehlen jedoch die wichtigen Laichhabitate für die Fische. Zudem verändert sich die Flusssohle, sie "kolmatiert", d.h. sie wird wie gepflastert und an gewissen Stellen erodiert sie. Die Limmat frisst sich dort immer tiefer in den Untergrund.
Dieses Problem betrifft viele Wasserkraftwerke, weshalb das Gewässerschutzgesetz seit 2011 die Kraftwerke zur Sanierung des Geschiebehaushaltes verpflichtet. Beim ewz-Kraftwerk Wettingen ist die Durchleitung des Geschiebes nicht möglich, deshalb blieben als Sanierungsmassnahme nur Kieszugaben übrig. Diese Schüttungen bringen in Bezug auf die Gewässerökologie am meisten Nutzen im Verhältnis zu den Kosten. Im Juni 2016 verpflichtete der Regierungsrat ewz daher, den Geschiebehaushalt beim Kraftwerk Wettingen zu sanieren und Kiesschüttungen durchzuführen.
Kurz darauf, im Oktober 2016, fand der Spatenstich für die neue unterirdische Dreifachsporthalle der Kantonsschule auf der Klosterinsel in der Nähe des Limmat-Kraftwerks in Wettingen statt (siehe Kasten). Schon vor Baubeginn klärten die Departemente Bildung, Kultur und Sport (BKS) sowie Finanzen und Ressourcen (DFR) beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) ab, ob das Aushubmaterial für eine Zugabe von Geschiebe verwendet werden kann. Ausgelöst wurden diese Gespräche durch die Nachhaltigkeitsüberprüfung des Bauvorhabens durch das DFR, das standardgemäss die Bereiche Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt umfasst. Die Idee stand im Raum, dass mit einer Kiesschüttung in die Limmat beim Turnhallenbau "graue Energie" reduziert werden und gleichzeitig eine ökologische Aufwertung in der Limmat erfolgen konnte.
Die beteiligten Departemente und ewz einigten sich darauf, für einen Teil der Schüttung den Kies des Sporthallen-Aushubs auf der Klosterhalbinsel zu verwenden. Das Aushubmaterial wurde untersucht und als geeignet beurteilt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sehr kurze Transportwege, keine Ausbeutung von Kiesgruben und tiefere Projektkosten. Eine spezielle Idee kann also unbürokratisch und departementsübergreifend aufgenommen und umgesetzt werden.
Bis Ende 2017 muss der zurzeit neben der Baustelle zwischengelagerte Kies weggeräumt sein. Ausserdem dürfen Schüttungen wegen der Laichzeiten der Fische nur bis 1. November vorgenommen werden – es blieb also ein kurzes Zeitfenster von Juli bis 31. Oktober 2017, um das Projekt umzusetzen.
In einem intensiven Prozess erstellte ewz in enger Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen des BVU eine Machbarkeitsstudie zu den Kiesschüttungen. Die Baubewilligung des Kantons erfolgte im Juli 2017. Um den Kies vom Aushub der Turnhalle nun tatsächlich verwenden zu können, wird ewz die Kiesschüttungen durchführen, ohne auf die Kostengut-sprache der Bundesbehörden zu warten. Somit wird bereits ein Jahr früher als geplant Kies der Limmat zurückgegeben. Der naturemade star-Fonds von ewz übernimmt im Fall einer Ablehnung der Projektfinanzierung die Kosten.
Die erste, kleinere Schüttung von rund 400 Kubikmeter Kies hat vom 13. bis 15. September 2017 unmittelbar unterhalb des Wehrs stattgefunden. Die zweite, grössere Schüttung (2000 m3) startet heute Montag, 25. September 2017, und dauert voraussichtlich rund zwei Wochen. Bei dieser Schüttung wird der Kies der Dreifachturnhalle verwendet. Sie findet etwas weiter unten am Fluss beim Schiesstand statt. Mit diesen Schüttungen durch ewz wird der erste Umsetzungsschritt zur Sanierung des Geschiebehaushalts an der Limmat im Kanton Aargau vollzogen. Zum Konzept der Kiesschüttungen gehört eine Erfolgskontrolle. Hierzu werden in den nächsten Jahren Jungfische gezählt und die Entwicklung der grossen Kiesinsel dokumentiert.
Flussabwärts des Kraftwerks Wettingen folgen die Kraftwerke Aue, Oederlin, Kappelerhof, Schiffmühle, Turgi, Gebenstorf und Stroppel, von denen die meisten auch Sanierungsbedarf haben. Die Sanierung dieser Anlagen soll in den nächsten fünf bis zehn Jahren erfolgen. Im ganzen Kanton Aargau sind es über 60 Kraftwerksanlagen, die bis 2030 bezüglich Geschiebe und Fischgängigkeit saniert werden müssen.
Die Rohbauarbeiten der Dreifachsporthalle Wettingen sind nahezu abgeschlossen. Die Bauarbeiten schreiten termingerecht voran. Ende September wird eine Aufrichtefeier stattfinden.
Gemäss Terminprogramm werden nach Abschluss der Rohbauarbeiten im Oktober 2017 die Installationsarbeiten der technischen Anlagen (Heizung, Lüftung, Elektro, Sanitär) sowie anschliessend die Ausbauarbeiten in Angriff genommen. Der Abschluss der Umgebungsarbeiten ist im Juni 2018 geplant, sodass rechtzeitig zum Schuljahresbeginn der gymnasiale Sportunterricht und ausserhalb der Schulzeiten der Vereinssport wieder aufgenommen werden kann. Die unverstellte Sicht von Wettingen aus auf die Klosteranlage, ein Denkmal von nationaler Bedeutung, wird dann wieder möglich sein.
Sabin Nater, Projektleiterin, Sektion Gewässernutzung, Abteilung Landschaft und Gewässer, Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Telefon 062 835 34