Die Energiezukunft beginnt auch im urbanen, dicht besiedelten Kontext: In Sichtweite des Schaffhauserplatzes, mitten im Zürcher Stadtkreis 6, wird ein Wohnhaus mit neuartiger Glasfassade realisiert, die nebenher Energie produziert. Dafür wird erstmals ein Fassadensystem verwendet, das Energie in Form von Solarstrom erzeugt und das zudem optimal in das Gebäude und die innerstädtische Siedlungsumgebung integrierbar ist. Kernstück dieser Schweizer Premiere ist das Photovoltaikmodul (auf amorpher Silikatbasis) mit matter Oberfläche, dessen Farbe unterschiedlich gewählt werden kann. Zwar hebt sich die Materialisierung von den benachbarten, verputzten Hauswänden ab; doch der dezente, grau-grüne Farbton passt die erneuerte Fassade dennoch optisch in die Umgebung ein.
Auch die Leistungswerte der innovativen Glasfassade überzeugen: Insgesamt liefern Fassaden- und Dachflächen so viel Solarstrom, dass die jährliche Energiebilanz für Bereitstellung des Raumklimas, Beleuchtung und weitere Anwendungen in den 30 Wohn- und Büroeinheiten positiv ausfällt und knapp ein Fünftel der Stromproduktion erwartungsgemäss als Überschüsse ins Stromnetz von ewz eingespeist werden kann. Die Kombination von PV-Anlagen auf dem Dach und den Fassaden trägt zudem dazu bei, die Stromproduktion im Jahresverlauf zu erhöhen und insbesondere die Ertragsmaxima ab Frühling bis Herbst auszuweiten.
Der Umbau des Mehrfamilienhauses wird aber nicht nur für die dezentrale Energieproduktion genutzt, sondern ist ebenfalls der passende Anlass, ein nachhaltiges und genügsames Energie- und Verdichtungskonzept umzusetzen. Der Heizenergiebedarf wird um 88 % reduziert: Das vierstöckige Eckhaus mit Baujahr 1982 konsumierte bislang 107 kWh/m2, was in einen theoretischen Heizölbedarf von über 10 l/m2 umgerechnet werden kann. Nach Erneuerung wird der Kennwert auf 13 kWh/m2 gesenkt, was dem Niveau des Minergie-P-Gebäudelabels entspricht. Trotz Aufstockung (mit 8 Wohnungen) und der Erhöhung der beheizbaren Nutzfläche wird ein markanter absoluter Spareffekt von 84 % erreicht.
Die Umsetzung der innovativen Gebäudeerneuerung endet nicht mit dem Abschluss der Bauarbeiten. Bis 2018 wird der Praxistest wissenschaftlich untersucht und ausgewertet. Das Bundesamt für Energie (BFE) hat es sogar in sein Leuchtturmprogramm aufgenommen. Damit wird die marktnahe Entwicklung von innovativen Technologien und Lösungen im Cleantech-Bereich vorangetrieben und die Umsetzung der Energiestrategie 2050 unterstützt. «BFE-Leuchtturmprojekte wie diese Gebäudeerneuerung zeigen auf, wie sich die Energiezukunft der Schweiz gestalten kann», erklärt BFE-Direktor Walter Steinmann.
Auch der Kanton Zürich strebt ambitionierte Ziele in der Energieversorgung der bevölkerungsreichsten Region der Schweiz an. «Wir unterstützen das nachhaltige Sanierungsprojekt, weil es eine nachahmenswerte Lösung für Fassaden integrierte Photovoltaik-Anlagen präsentiert», sagt Hansruedi Kunz, Abteilungsleiter Energie und stellvertretender Amtschef beim Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL des Kantons Zürich. Im weiteren beteiligt sich das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) an der Umsetzung, insofern «die erneuerbare Energiezukunft auf der Niederspannungsebene beginnt», betont Benedikt Loepfe, Stellvertretender Direktor von ewz.
Konzeption, Planung und Umsetzung treiben ein privates Konsortium unter Federführung von Viridén + Partner AG voran; darüber hinaus engagiert sich ein kompetentes Projektteam aus Investoren und Unternehmen mit erheblichen Eigenleistungen. Finanziell wird das Leuchtturmprojekt zudem vom Bundesamt für Energie (BFE), dem Kanton Zürich (AWEL), ewz und der EcoRenova AG unterstützt. Die EcoRenova AG hat das Nutzungsrecht der Photovoltaikanlagen an Fassade und Dach von den Privateigentümern der Liegenschaft erworben.